„MY MAXIE IS OVER THE OCEAN, MY MAXIE IS OVER THE SEE. OH BRING BACK MY MAXIE TO ME!“

 

Nach einem Jahr im australischen Outback ist Maxie, Schülerin unserer 11. Klasse, nun endlich nach Deutschland zurück gekehrt. Aber wie ist es ihr in dem fremden Land ergangen? Lest selbst!

 

 

 

Il est très morose parce que his car was stolen last week. Nein, warte. parce que sa voiture a été volée la semaine dernière. Schon besser. Das passiert mir in letzter Zeit ständig. Und zwar nicht nur bei Französischhausaufgaben, die abzugeben sind, sondern auch im alltäglichen Sprachgebrauch. Da wird aus der englischen Floskel „I see what youˈre saying“ schon öfter mal die unsinnige Übersetzung „Ich sehe, was du sagst“ anstelle des deutschen Äquivalents „Ich verstehe, was du meinst“. Obwohl ich seit nunmehr drei Monaten wieder in Deutschland bin, arbeitet mein Gehirn häufig spontan auf Englisch. Von zwölf Monaten down under ist aber deutlich mehr hängen geblieben als fließendes Englisch. Schon zu Beginn des zweiten Halbjahres der zehnten Klasse dachte ich, dass ein Jahr im Ausland definitiv auf meiner To-Do-Liste steht. Die Überlegung kam immer mal wieder auf, besonders an den stressigen Tagen. Ich meine einfach abhauen, Abstand gewinnen zu allem, mal auf eigenen Beinen stehen, neue Dinge sehen und andere Leute kennenlernen. Das ist schon eine Riesenverlockung, wenn man den deutschen Alltagstrott satt hat. Aber dass ich am 6. Juli des gleichen Jahres in meinem Flieger Richtung Australien sitzen würde, kam selbst für mich etwas überraschend. Wahrscheinlich hätte ich mein Austauschland auch zweimal überdacht, wäre ich mir der Qualen von 24 Stunden Flugzeit bewusst gewesen. Aber doch, genau das ist passiert. Am 8. Juli 2016 bin ich in Cairns an der Ostküste Australiens gelandet – und hätte aufgeregter und müder nicht sein können. Auf der zweistündigen Fahrt nach good ol' Atherton, einem niedlichen 10.000-Einwohner-Dorf in der Tablelands Region, bin ich glatt eingeschlafen. Doch umso wacher

 

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war ich dann die nächsten zwei Wochen. Meine Host-Mum Jo hat mich herzlich empfangen, sodass ich mich gleich wohlgefühlt habe. Das klingt wahrscheinlich sehr idealistisch, aber ich hatte tatsächlich einfach riesiges Glück bei meiner Gastfamilie. Sowohl mit Jo als auch meiner finnischen Gastschwester Sonja habe ich mich super verstanden. Der kleine faule Herr des Hauses, ein grauer Hund Namens Bob, hat mich ebenfalls liebgewonnen (wobei er Sonjas Zimmer als Übernachtungsquartier bevorzugte). Unter den fünfzehn Austauschschülern vor Ort mussten jedoch mindestens sieben ein- oder mehrmals die Gastfamilie wechseln und es gab einige Probleme mit unserer Ansprechpartnerin der Schule. Dieses Risiko muss man als Austauschschüler wohl oder übel eingehen: Fang oder Fehlgriff. Mein soziales Umfeld hat einen erheblichen Einfluss auf den Verlauf meines Austauschjahres genommen. Wie sich schon bald herausstellte, war Jo ein sehr aktiver und abenteuerlustiger Mensch. Wir wurden gern gesehene Mitglieder im Fitnessstudio und kein Event lief, ehe wir eintrafen. Wir sind in diesem Fall nicht nur Jo, Sonja und ich, sondern auch Jos Freundinnen und deren drei Austauschschüler. Es ist erstaunlich, wie wahr doch das Vorurteil der Rodeos im roten Outback ist. Ich habe vier solcher Veranstaltungen besucht und kann bestätigen, dass Cowboystiefel durchaus noch im Trend liegen. Und je später die Nacht, desto beliebter die Country-Musik. Man muss sich natürlich auf die Kultur einlassen, um neue Erfahrungen zu sammeln. Einer der anderen Austauschschüler saß beispielsweise mit vor der Brust verschränkten Armen vor der Arena, während alle anderen neugierig das Spektakel beobachteten. Aber vielleicht ist dieses Country Life auch nicht so für jeden. In den australischen Sommerferien bin ich mit einer Freundin in die Hauptstadt des Bundesstaates Queensland gereist, um meine Lieblingsband Twenty One Pilots auf ihrer Blurryface-Tour live zu erleben. Dieser Wochenendtrip war neben einer Kurzreise nach Sydney einer der absoluten Höhepunkte meiner Zeit in Australien. Aber ein Großteil meines Austauschlebens hat sich nun mal nicht in der Metropole Sydney, sondern in Atherton abgespielt.

 

Mein Alltag wurde dort, wie auch in Deutschland, von der Schule und meinen Freunden dominiert. Das australische Schulsystem war glücklicherweise mit meinem Bildungsstand gut zu bewältigen. Als Austauschschüler genoss ich natürlich auch alle Freiheiten in meiner Fächerwahl. Dementsprechend bestand mein Stundenplan größtenteils aus Fächern wie Musik, Kunst und Sport oder Fitness. In der Oberstufe waren nur Englisch und Mathe als Pflichtkurse gegeben. Erst im zweiten Halbjahr habe ich mich wieder freiwillig mit dem Ernst des Lebens, der Chemie, befasst. Im letzten Term sollten die Schüler ein Experiment zur Herstellung von Käse entwickeln. Diesem Projekt zu entfliehen, war so ziemlich der einzige Antrieb die Atherton High nach dem ersten Halbjahr der Zwölften zu verlassen, um wieder an die Humboldt Schule zurückzukehren. Zum Trost bleiben mir jetzt gute Englischnoten, mein traditioneller Senior Jersey, der oft als Harry-Potter-Merch abgestempelt wird, und ein umfangreiches Vorwissen in Mathe, welches mir Nachhilfeunterricht erspart. Da es an der Atherton State High nur wenige Internationals gab, zeigten sich die australischen Schüler sehr aufgeschlossen und ich fand schnell Anschluss. Natürlich entwickelt sich eine tiefe Freundschaft nicht innerhalb zweier Monate und es gab Zeiten, in denen ich dieses ganze Projekt – zwölf Monate am anderen Ende der Welt – hinterfragt habe. Aber mit ein wenig Geduld und Aufdringlichkeit kann man überall Freundschaften knüpfen. Zum Ende hinterließen gemeinsame Treffen, wie etwa ein Besuch im Autokino oder die übliche Games Night wegen der baldigen Abreise jedoch einen bittersüßen Nachgeschmack. 14.466 km Entfernung erschweren den Kontakt doch sehr. Denn Videochat ist zwar gut, aber doch was anderes als mit Caramellatte zusammen bei Gloria Jeans zu sitzen.